Numismatik

Die Schweiz in „sexy“: Wie eine Goldmünze im 19. Jahrhundert einen Skandal verursachte

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Serie „Bullion-Klassiker vorgestellt“

Vreneli musste mehrfach überarbeitet werden

Die Eidgenossen waren außer sich vor Wut: Eigentlich sollte das Sinnbild der Schweiz um die Jahrhundertwende würdevoller gestaltet werden, doch die „Vreneli“ – mit ihrem offenem Haar und selbstbewusster Pose – wurde als Angriff auf die guten Sitten verstanden.

Eine junge Frau, die ihr Haar aufreizend nach hinten wirft – dieses Motiv war vor über 100 Jahren geeignet, um eine Münze zu einem Politikum werden zu lassen. Denn als die Schweiz im Jahr 1896 einen Entwurf für eine neue Goldmünze beschließen wollte, gab sie den Graveuren folgenden Auftrag mit auf den Weg: Die Münze sollte laut eidgenössischem Finanzdepartement ein „schweizerisches, nationales“ Motiv mit einer allegorischen oder historisch-symbolischen Darstellung der Schweiz aufweisen.

Offenes Haar? Geht gar nicht!

Der Graveur Fritz Ulisse Landy legte daraufhin seine „Goldvreneli“ vor. Die strengen Herrschaften im Finanzministerium jedoch waren alles andere als begeistert. Sie nahmen unter anderem Anstoß an einer Stirnlocke, welche die Vreneli auf dem vorherigen Entwurf zu frivol erscheinen ließ. Zudem verlangten sie, dass das Haar der Vreneli mit einem Band gebändigt werden möge.

Erst nach einem Jahr war die Regierung zufrieden

Nach diversen Eingriffen seitens des Graveurs war die Frau auf den Vreneli-Goldmünzen den kritischen Betrachtern der Regierung reif genug, um auf die Geldbörsen der Schweizer losgelassen zu werden. Im Jahr 1897 war es dann also endlich soweit: Die ersten Goldmünzen wurden geprägt. Und während die Fachwelt sich auch weiterhin nicht mit den Vreneli-Goldmünzen anfreunden wollte, wurde die junge Dame, deren Name sich aus der Verniedlichung des Mädchennamens „Verena“ ergibt, von der Schweizer Bevölkerung mit Freude aufgenommen.

Vreneli wird bis heute von Generation zu Generation weitergegeben

Bis heute ist die Vreneli ein Symbol für Wohlstand und Sicherheit in der Schweiz, fast jeder Haushalt besitzt mindestens ein Exemplar der „Goldvreneli“. Stolz wird sie von Generation zu Generation weitervererbt und besonders als Geschenk zu besonderen Anlässen ist die Vreneli gern gesehen. Inzwischen gilt die Goldvreneli als numismatische Botschafterin der Schweiz. Sie ist deutlich weiter verbreitet als ihre Vorgängerin, die „Helvetia“-Goldmünze. Die Schweiz hat bis heute einen exzellenten Ruf als Heimat von hochwertig hergestellten Münzen. Von der Prägestätte „Swissmint“ werden unter anderem Bi-Metall- sowie Gedenkmünzen in Gold herausgegeben.
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Vreneli (Bildseite)
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Wertseite
Die Vreneli-Goldmünzen sind bei Sammlern und Anlegern besonders beliebt, weil sie bei Münzen- und Edelmetallhändlern nah am aktuellen Goldpreis verkauft werden. Zudem lassen sich einzelne Jahrgänge aufstöbern, deren Auflage äußerst niedrig ist: So wurden von 1904 bis 1906 nur 100.000 Stück geprägt, während es die üblicherweise verkauften Jahrgänge 1922, 1927 und 1930 jeweils auf mehrere Millionen Stück bringen. Der Jahrgang 1935 wurde zu Anlagezwecken sogar über 20 Millionen mal geprägt.

Vreneli löste ihre Vorgängerin „Helvetia“ ab

Die Vorbereitungen für die Ausgabe der Vreneli-Goldmünzen begannen bereits im Jahr 1895, als der Schweizer Bundesrat eine Modernisierung des Münzbildes der bisherigen Goldmünzen beabsichtigte. Bis 1896 waren die „Helvetia“-Goldmünzen im Umlauf, die aus Sicht der führenden Eidgenossen jedoch zu jung und zu wenig würdevoll dargestellt waren. Auf der Rückseite der 20-Vreneli-Goldmünzen ist das Schweizer Wappenkreuz zu sehen, daneben die Jahreszahl sowie das Münzzeichen B für Bern.

XXL-Variante wird zu Rekordpreisen gehandelt

Neben den 20-Franken-Stücken aus der Schweiz gibt es noch eine Variante der „Goldvreneli“, die zu den seltensten Münzen der Schweiz zählt: Im Jahr 1925 gab die Schweizerische Nationalbank einmalig eine XXL-Prägung mit dem Bildnis der Vreneli zu 100 Franken aus. Nur 5.000 Stück wurden geprägt, inzwischen sollen sogar nur noch 3.800 Stück der großen Goldvreneli existieren. Die Liebhaberpreise für diese Münze liegen inzwischen im sechsstelligen Bereich.

Zudem gibt es eine besondere Rarität aus dem Jahr 1897: Damals wurden 29 Münzen der 20-Franken-Standardausführung der „Vreneli“ aus hellerem „Gondogold“ geprägt, welches aus einem Goldbergwerk in Gondo im Kanton Wallis stammte. Diese Münzen sind an einem kleinen Kreuz in der Mitte des Schweizerkreuzes zu erkennen.

Vom politischen Skandal zur vielfach geschätzten Goldmünze – die Schweizer Vreneli hat gezeigt, wie es geht.

VRENELI BEI MDM