Numismatik

Aktporträt als Münzmotiv

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Wer ist die Frau auf der 50-Pfennig-Münze?

Ihr Name ist den wenigsten Menschen geläufig, ihr Bild ist dafür umso fester in den Köpfen verankert. Und das, obwohl sie seit fast 20 Jahren aus unseren Portemonnaies verschwunden ist. Kein Wunder – hob sich doch die Kupfernickel-Münze rein optisch von den anderen Pfennig-Münzen ab, die allesamt einen Eichenbaum zeigten. Doch wer war die unbekannte Berühmtheit auf der 50-Pfennig-Münze – Dichterin, Musikerin, Schriftstellerin?

Schlechte Frauenquote

Während das Konterfei von Königin Elizabeth II. – sozusagen eine ihrer „Pflichten“ als Oberhaupt des Vereinigten Königreichs – hunderte von Münzen ziert, spielen Frauen auf deutschen Münzen bislang eine mehr als stiefmütterliche Rolle. Durch Pflanzen- oder Bundesadler-Abbildungen ist das Männermonopol der D-Mark-Zeiten auf den deutschen Euromünzen immerhin gebrochen. Dass 2018 eine 2-Euro-Münze mit Altkanzler Helmut Schmidt als Motiv verausgabt wurde, ist schon deshalb eine Besonderheit. Wenn Angela Merkel (CDU) mit dem Ende der aktuellen Regierungsperiode ihre Laufbahn als Bundeskanzlerin beendet, darf sie sich sicher Hoffnungen machen, früher oder später ebenfalls auf einer deutschen Umlaufmünze verewigt zu werden. Bis heute wurde diese Ehre jedoch erst einer Frau zuteil – Gerda Johanna Werner. Von 1949 bis 2001 war sie auf der Bildseite der 50-Pfennig-Münze zu sehen, wie sie einen Eichentrieb pflanzt.

Denkmal für Trümmerfrauen

Mit der westdeutschen Währungsreform von 1948 mussten neue Münzen her, die die bis dahin gültige Reichsmark ersetzen sollten. Mit der Realisierung dieser Aufgabe war die „Bank deutscher Länder“ als Vorläufer der Bundesbank betraut. Damals wie heute wurden zur Motivfindung Künstlerwettbewerbe ausgeschrieben. Für die 50-Pfennig-Münze, zuerst mit Riffelrand, ab 1972 glatt, suchte man explizit nach einem Motiv, das den Wiederaufbau Deutschlands nach dem Zweiten Weltkrieg symbolisieren sollte. Der Entwurf des Offenbacher Bildhauers Richard Martin Werner überzeugte. Sein Bildnis „Baumpflanzerin“ war für die Jury perfektes Zeugnis des Neuanfangs und der Wiederaufforstung. Gleichzeitig würdigte es die Arbeit der Trümmerfrauen, die noch heute ein Symbol ihrer Zeit sind. Auch die Wertseite der 50-Pfennig-Münze kam aus Werners Händen. Sein Honorar erhielt der Künstler noch in alter Währung – etwa 3.000 Reichsmark gab es seinerzeit für das Gipsmodell.

Aktmodell ziert 50-Pfennig-Münze

Entstanden ist Werners Entwurf bereits vor dem Münzwettbewerb: Als Vorlage dienten Aktzeichnungen seiner Ehefrau Johanna „Jo“ Werner. Um dem Thema zu entsprechen, zog er seinem knienden Modell kurzerhand Leinenkleider und Kopftuch an und legte ihr den zu pflanzenden Eichentrieb in die Hände. Den jahrzehntelangen Sympathie-Siegeszug seiner Münze erlebte der Künstler nicht mehr – er starb bereits im Oktober 1949 mit gerade ein mal 46 Jahren. Sein Entwurf wird jedoch bis heute – vor allem im Bereich Umwelt und Naturschutz – gern und viel adaptiert. Auch die „Jungfrau“ mit Linden-Setzling auf der früheren tschechoslowakischen 1-Kronen-Münze erinnert an Werners Wettbewerbsbild.

Später Ruhm für Gerda Jo Werner

Dass die zierliche Baumpflanzerin, die bis zu ihrer Ablösung durch den Euro und seine Kleinstmünzen milliardenfach geprägt wurde, mehr als eine stilistische Symbolfigur war, wurde in der Öffentlichkeit erst 1987 bekannt. Bis dahin ging Jo Werner bereits seit fast 40 Jahren täglich unerkannt durch zahlreiche Hände. In Frank Elstners ZDF-Jahresrückblick „Menschen“ erzählte die Kunstlehrerin und Malerin erstmals ihre Geschichte – für Jo Werner der Beginn einer späten Fernsehkarriere als Talkshow-Gast. Für das Modell selbst war „ihr 50-Pfennig-Stück“ laut eigener Aussage schon bald nach der ersten Prägung keine Besonderheit mehr – der Mensch ist eben ein Gewohnheitstier.

Fehlprägungen und Fälschungen

2002 kam der Euro, Gerda Jo Werners 50-Pfennig-Münze ging. Bis heute geblieben ist die Popularität der Prägung. Immer wieder tauchen Fälschungen des Werner-Fünfzigers auf. Das liegt vor allem an einer besonderen Fehlprägung. Waren die Erstausgaben 1949 noch mit der Umschrift „Bank deutscher Länder“ versehen, hieß es ab 1950 auf der Wertseite „Bundesrepublik Deutschland“. In der Karlsruher Prägestätte – auf Münzen stets am Prägezeichen „G“ zu erkennen – kam es bei 30.000 Münzen zum entscheidenden, wertsteigernden Fauxpas: Geprägt wurde zwar mit der neuen Jahreszahl 1950, aber zugleich mit der veralteten Umschrift „Bank deutscher Länder“. Aus Kostengründen brachte man die Fehlprägungen dank einer gesonderten Bekanntmachung dennoch in den Umlauf. Unter Sammlern sind diese Raritäten besonders begehrt. Das wussten auch die Verursacher des „Karlsruher Münzskandals“, die Nachahmungen dieser Fehlprägung in den frühen 1970er Jahren bewusst an Sammler ausspielten. Unser Co-Redakteur Sebastian Wieschowski hat vor einiger Zeit einen Videovergleich zwischen Original und Fälschung gemacht.

Gerda Jo Werner selbst mochte „ihre“ Münze vor allem als Schmuckstück: Als Geschenk bekam sie einst ein Armband mit vergoldeten 50-Pfennig-Münzen. Gerda Jo Werner starb im August 2004 nur wenige Tage vor ihrem 90. Geburtstag.

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