Numismatik
Die Münzen der Weimarer Republik
Babylon Weimar
Erst vorgestern überraschte die Bundesregierung mit der Meldung, dass Deutschland im August 2019 seine erste offizielle Farbmünze bekommt. Thema? Das Inkrafttreten der Weimarer Reichsverfassung vor dann 100 Jahren. Es ist ein Jubiläum, das lange Schatten wirft: Bereits heute jährt sich die Ausrufung der Weimarer Republik zum 100. Mal. Das Ende der Monarchie und die erste deutsche Republik – einerseits eine Zeit politischer und wirtschaftlicher Instabilität, andererseits kulturelle Blütephase. Die Münzen dieser Zeit erzählen vom bewegenden Auf und Ab jener Tage, das mit dem TV-Hit „Babylon Berlin“ gerade in aller Munde ist.
Deutschland vor 100 Jahren: Es sind dramatische Zeiten. Der Erste Weltkrieg ist verloren, revolutionäre Unruhen erschüttern Staat und Gesellschaft. Das Deutsche Reich liegt als großer Kriegsverlierer in Trümmern und trägt schwer an den Folgen: Inflation, Wirtschaftskrisen, Arbeitslosigkeit, von persönlichen Verlusten ganz zu schweigen. Kaiser Wilhelm II. wird zur Abdankung gezwungen, flieht anschließend ins niederländische Exil. Außenpolitisch bedrängt, begehrt im Inneren die Novemberrevolution auf. Am 9. November 1918 wird schließlich die erste deutsche Republik ausgerufen. Wegen der unsicheren Lage in Berlin tagt die Nationalversammlung im thüringischen (damals noch Freistaat Sachsen-Weimar-Eisenach) Weimar. Am 14. August 1919 tritt die Verfassung der ersten parlamentarischen Demokratie auf deutschem Boden schließlich in Kraft – der Beginn der Weimarer Republik. Ein Ergebnis der politischen Neuordnung: Auch Frauen dürfen jetzt wählen. Das Jubiläum dieser Gleichstellung würdigt die Bundesregierung 2019 mit einer eigenen 20-Euro-Silbermünze.
Stürmische Goldene Zwanziger
Die ARD-Produktion „Babylon Berlin“ – mit rund 40 Millionen Euro Budget übrigens die bislang teuerste deutsche TV-Produktion – hat diese Epoche zuletzt mit großem Erfolg zurück ins öffentliche Bewusstsein geholt. Eine dritte Staffel ist inzwischen bestätigt, als Vorlage wird wiederum eine Krimierzählung Volker Kutschers dienen. Die Goldenen Zwanziger und ihre Sehnsucht nach Normalität.
Obwohl die nur 14 Jahre währende Ära (1919 bis 1933) stets gegen Negativeinflüsse zu kämpfen hat, entwickelt sie sich kulturell und wissenschaftlich zu einer Blütezeit – eben den Goldenen Zwanzigern. In den USA nennt man diese Dekade statt golden gern auch mal „roaring“, also stürmisch, was es im Grunde es noch besser trifft.
Geprägte Zeitzeugen der Weimarer Republik sind rar
Billionen Mark, aber kein Geld
Mit dem Ersten Weltkrieg wird die seit 1871 gültige Golddeckung der Mark aufgehoben und die Papiermark hält Einzug. Die Münzprägung wird währenddessen wegen der schnellen Geldentwertung auf nur wenige Nominale, zumeist aus unedlen Metallen, beschränkt. Notgeld aus Papier ist dafür umso weiter verbreitet – weit mehr als 50.000 Arten sind im Umlauf. Der passende Schein kann seinen Besitzer noch heute zum Billionär machen – wenn auch nur theoretisch.
Aluminium ohne Adler
Nachgezählt: Babylon Berlin vs. Babylon Weimar
Die Reichsmarkmünzen werden damals in sechs verschiedenen Münzprägestätten hergestellt. Neben den heute noch aktiven Prägestätten Berlin (Münzzeichen A), München (D), Stuttgart (F), Karlsruhe (G) und Hamburg (J) wurde die Reichsmark auch in der sächsischen Münzprägestätte Muldenhütten nahe Freiberg geprägt. Zu erkennen sind diese Prägungen am Münzzeichen „E“.
Babylon Berlin bringt 16 Folgen, 300 Drehorte, 185 Drehtage, 230 Sprecherrollen, 5000 Komparsen und 2200 Stunden Drehmaterial in die Statistik ein. Die Münzen der Weimarer Republik werfen 23 Umlaufmünzen, 28 Gedenkmünzen und 14 Nominale in die Waagschale.
Das Münzgesetz vom 30. August 1924 gilt auch nach der Machtergreifung der Nationalsozialisten. Eine Änderung sieht 1934 die Erhebung der Münze Berlin zur allein prägenden Reichsmünzstätte vor – ein Plan, der bis Kriegsende jedoch nicht in die Tat umgesetzt werden kann.
Kurzchronik der Weimarer Republik
• 1918
Am Nachmittag des 9. November 1918 ruft SPD-Politiker Philipp Scheidemann vom Balkon des Reichstagsgebäudes in Berlin die Republik aus.
• 1919
Die freien Wahlen zur Nationalversammlung im Januar bestätigen den Wechsel von der Monarchie zu einer parlamentarischen Demokratie. Zum ersten Mal dürfen auch Frauen wählen.
Vom 6. Februar bis zum 11. August 1919 tagt die Nationalversammlung im Deutschen Nationaltheater in Weimar, um die Reichsverfassung zu verabschieden. Mit der Wahl des Ortes soll der „Geist von Weimar“ für die junge Republik reklamiert werden.
• 1925
In den Goldenen Zwanzigern entwickelt sich Berlin zu einer pulsierenden Weltstadt voller Verlockungen. In den mondänen Jazz-Clubs der Glitzermetropole tanzt man Charleston und rassige Revue-Girls verdrehen Männern den Kopf.
• 1929
Am 24. Oktober 1929 brechen die Aktienkurse an der New Yorker Börse ein. Der „Schwarze Freitag“ ist der Beginn der Weltwirtschaftskrise, die schwerwiegende Folgen für die ganze Welt haben wird. 1932 sind über sechs Millionen Menschen in Deutschland arbeitslos – und der rasante Aufstieg der Nationalsozialisten beginnt.
• 1933
Am 30. Januar 1933 wird Adolf Hitler von Reichspräsident Paul von Hindenburg zum neuen Reichskanzler ernannt. Die Nationalsozialisten feiern ihre Machtübernahme am Abend mit einem Fackelzug durch das Brandenburger Tor. Schon bald wird die erste deutsche Demokratie der NS-Diktatur weichen.