Goldschatz von Trier: Ein archäologischer Lottogewinn

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Warum 1993 ein Goldrausch in der Pfalz ausbrach

Durch Zufall beförderte ein Bagger bei Bauarbeiten ein Bronzegefäß an die Oberfläche. Darin befanden sich unzählige neue Erkenntnisse für die numismatische Forschung – für den Inhalt interessierten sich allerdings nicht nur die Wissenschaftler des Rheinischen Landesmuseums.

Am 9. September 1993 waren in der rheinland-pfälzischen Stadt Trier von einer Minute auf die andere gleich mehrere Hobby-Archäologen zu beobachten, deren Treiben wohl kaum einen wissenschaftlichen Hintergrund hatte: Mit Metalldetektoren ausgestattet durchwühlten sie den Aushub einer Baustelle für eine geplante Tiefgarage. Es folgten regelrechte Wildwest-Szenen, wie auch „Die Welt“ später beschreibt: Schnell verbreitete sich die frohe Kunde, wonach an der Mosel das ganz große Geld zum Greifen nah sei.

Goldschatz von Trier fördert fast 20 Kilogramm Münzen zutage

Zurück in 2019. Was sich vor 26 Jahren in der einstigen Residenzstadt abspielte, kann mit Fug und Recht als Goldrausch bezeichnet werden – und teilweise wohl auch als Verstoß gegen das Schatzregal. Dieser rechtlichen Regelung zufolge werden nämlich herrenlose, bis dahin verborgene Schätze, mit ihrem Auffinden automatisch Staatseigentum – eines weiteren Übertragungsaktes bedarf es nicht. So hätte auch der Inhalt eines aufgefundenen Bronzegefäßes – insgesamt 2.518 Münzen mit einem Gewicht von stattlichen 18,5 Kilogramm – zur Untersuchung eigentlich sofort an das Rheinische Landesmuseum in Trier weitergegeben werden müssen. Dies taten dann auch immer mehr Schatzsucher, offenbar aus Angst vor Strafe und der Erkenntnis heraus, dass sich römische Goldmünzen nicht mal eben so zu Geld machen lassen. Mit einer Ausnahme: „Einer hat in der Nacht davon sogar sieben für Bier ausgegeben“, berichtete der 2018 verstorbene Numismatiker Karl-Josef Gilles.

Materialwert sechsstellig, wissenschaftlicher Wert unschätzbar

Der „Goldschatz von Trier“ ist als Sternstunde in die numismatische Geschichte eingegangen. Denn der wissenschaftliche Wert des Fundes lag weit über dem Materialwert von mindestens 700.000 Euro. Dass die Münzen für die Forschung genutzt werden konnten, war einem großen Zufall zu verdanken: Ein Bagger hatte im Keller des Mutterhauses einer Ordensgemeinschaft zufällig das besagtes Bronzegefäß aufgerissen. Zuerst wurden die Münzen gar nicht entdeckt – sie vermischten sich mit dem Aushub.
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Foto: GDKE-Rheinisches Landesmuseum Trier, Thomas Zühmer.

Enormer Aufwand

Nachdem ein Großteil des Münzschatzes geborgen (oder Hobby-Raubgräbern abgenommen) wurde, begann eine wissenschaftliche Untersuchung, wie sie in der deutschsprachigen Archäologie wohl selten vorkommt. Ganze 20 Jahre lang arbeiteten Forscher am Rheinischen Landesmuseum an der Katalogisierung des Münzschatzes. Die Münzen stammen aus der Zeit zwischen 63 und 196 nach Christus und zeigen insgesamt 40 römische Kaiser und sonstige Persönlichkeiten. Hier handelt es sich sozusagen um das „Who is Who“ der römischen Politik von Nero bis Mark Aurel.

Aureus als Stabilitätsanker des Welthandels

Wer den Trierer Goldmünzenschatz heutzutage im Rheinischen Landesmuseum besichtigt, erhält zweifelsohne einen Eindruck von der Werthaltigkeit der Währungen von anno dazumal. Bei den Fundstücken handelt es sich wahrlich um numismatische Legenden: Der „Aureus“ war die wichtigste Kurantmünze des Römischen Reiches, sie war mit Gold gedeckt und wurde vor allem im Handel eingesetzt. Über 400 Jahre war diese Goldprägung das Maß aller Dinge im grenzüberschreitenden Handel im gesamten europäischen Raum. Das Gewicht eines „Aureus“ liegt üblicherweise bei 8,19 Gramm. Um 300 nach Christus wurde der „Aureus“ durch den „Solidus“ ersetzt – der Name änderte sich also, doch das Metall blieb gleich: Auch künftig setzten die Römer auf Gold.

Goldschatz von Trier: Archäologischer Lottogewinn

In der Tagespresse wurde der Fund seinerzeit als „archäologischer Lottogewinn“ bezeichnet – denn es sind vor allem solche spektakulären Entdeckungen, die die numismatische Forschung große Schritte voranbringen. So wurden im Münzfund von Trier mehr als 80 neue Münztypen identifiziert, beispielsweise mit dem Konterfei von Didius Julianus (133-193), der nur knapp drei Monate als Kaiser regierte. Außerdem entdeckten die Forscher auf den Münzen diverse nachträgliche Gravuren, sogenannte „Graffiti“. Und sie können erklären, warum bestimmte Münzen häufig, andere dagegen nur selten in dem Münzlot zu finden sind: Schwerere Münzen wurden eingeschmolzen und zu neuen, leichteren Münzen verarbeitet.

Immer noch ungelöste Rätsel

Während der berühmte-berüchtigte Goldschatz von Trier inzwischen vollständig katalogisiert ist und zu den großen Attraktionen des Landesmuseums in Trier gilt, wird die eigentliche Geschichte hinter den Goldmünzen wohl immer geheim bleiben. Als gesichert gilt lediglich, dass die Goldmünzen keinem römischen Millionär gehörten, sondern von einem Verwalter verwahrt wurden. Der Numismatiker Karl-Josef Gilles erklärte gegenüber der Tageszeitung „Die Welt“, dass sich zur Zeit der Prägung eines Teils des Münzschatzes gerade eine Pest durch das römische Reich fraß.

Was wurde aus dem Hüter der Münzen?

Möglicherweise ist der Hüter der Münzen selbst auch Opfer dieser Pest geworden? Oder musste er im Zuge des Krieges zwischen Kaiser Septimius Severus und Gegenkaiser Clodius Albinus – dieser tobte kurze Zeit später – flüchten? Dieses Mysterium wird wohl nie mit letzter Gewissheit aufgeklärt werden. Ebenso wenig der Verbleib von rund 100 bis 200 weiteren Münzen, die bis heute nicht wiederaufgetaucht sind. Doch der Goldschatz von Trier ist derart bedeutend, dass er wohl noch in 500 Jahren ausgestellt werde, wie das Museum anlässlich des 25. Jubiläums des Fundes im Jahr 2018 deutlich machte.

ANTIKE MÜNZEN